Norwegen

Norwegen 2018


Im März 2018 hat der VDHT mit sechs Teilnehmern seine erste 13-tägige Norwegen-Tauchreise durchgeführt. Ziel unserer Reise waren die Spots und Wracks in der Umgebung der Hafenstadt Ålesund. Die durch die typisch norwegische Fjordlandschaft geprägte Gegend ist für deutsche Taucher noch immer absolutes Neuland und wenig betaucht. Hier warten noch viele unberührte Tauchspots auf Ihre Entdeckung….


Geplant war:


- die Erkundung neuer Tauchspots

- die Herstellung von Kontakten zur norwegischen Tauchszene

- die taucherische Infrastruktur kennenzulernen

- der Bau einer beheizten Hütte zur Nutzung als Trockenraum



Gerüstet für völlig autarke Tauchgänge (eigene Füllmöglichkeit + Gasblendung) machten wir uns mit dem auf zwei Fahrzeugen mit Anhängern verteilten Equipment auf die 32stündige Anfahrt. Dabei hatten wir u.a.


- zwei 50l Flaschen Sauerstoff

- eine 50l Flasche Helium

- zwei Kompressoren mit eine Leistung 100 L/Min & 120 L/Min

- komplette Sicherheitsausrüstung (Erste Hilfe, Sauerstoff etc.)

- diverses Baumaterial

- Verpflegung


Unsere Anfahrt führte uns dabei zunächst 1000km durch Deutschland und Dänemark bis zum Fährhafen Frederikshavn. Dort gingen wir am Abend an Bord der Fähre nach Oslo.

Nach unserer Ankunft am Morgen und der Erledigung der Zollformalitäten lagen am nächsten Tag immerhin noch ca. 500km vor uns. Der größte Teil davon über Landstraßen vorbei an der grandiosen verschneiten norwegischen Landschaft mit Flüssen, Fjorden, hohen Bergen (teilweise mit Skigebieten) zu unserem Zielort Sjoholt.

Hier kamen wir am Abend glücklich aber auch erschöpft an.

Bei unserer Unterkunft handelte es sich um eine typisch norwegische Hütte, die nach Kriegsende vielfach umgebaut und durch Einbau eines alten Wehrmachtsbusses(!) erweitert wurde.

Die ersten Tage vergingen mit dem Aufbau eines provisorischen Zeltes für das Tauchequipment, den Zusammenbau der Füll- und Fülllogistik und dem Abriss einer alten Hütte wie im Fluge.

Am insgesamt fünften Tag unserer Reise stand dann endlich der erste Tauchgang an. Unser Tauchziel war der Fähranleger von Magerholm.


  1. Tauchgang Magerholm Fähranleger


Bei unserer späten Ankunft rieten uns anwesende norwegische Taucher vom Tauchgang ab: Zu schlecht sei die Sicht! Welche Enttäuschung für uns! Wir entschieden uns trotzdem zu tauchen und bereuten unsere Entscheidung nicht. Denn tatsächlich hatten wir Sichtweiten von ca. 15-20 Metern und fragten uns, was denn wohl „gute Sicht“ für norwegische Taucher bedeutet.


Der Tauchspot selbst viel zunächst leicht, dann jedoch steil in unergründliche Tiefen als teilweise überhängende Steilwand – besetzt mit Seesternen, Krebsen und Muscheln – ab. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um unseren ersten Tauchgang bei mittlerweile eingetretener Dunkelheit handelte begrenzten wir unsere Tauchtiefe auf 40m.

Im Auftauchbereich war der Fjordboden gut bewachsen und wir trafen viel Fisch an.

Unser erster Eindruck zum Tauchen in Norwegen: Phantastisch!


Der nächste Tauchtag war ein Höhepunkt unserer Reise. Es waren zwei Bootstauchgänge an verschiedenen Wracks geplant!


  1. Tauchgang Ålesund Wrack „Konsul Carl Visser“

Das Wrack der „Konsul Fisser“ liegt mitten in der Einfahrt zum Hafen von Ålesund in einer Tiefe von 20 – 60m. Die Anfahrt mit dem 250PS starken RIB dauerte nur 15minuten.


Am Seil absteigend sahen wir schnell die Umrisse der aufrecht liegenden „Konsul Visser“, die im zweiten Weltkrieg nach einem Angriff alliierter Flugzeuge 1942 gesunken war.

Das Sonnenlicht reichte bis auf das Wrack, so dass die Tauchlampen nur zum penetrieren des Wracks nötig waren. Das Wrack selbst ist schön bewachsen, erfordert aber aufgrund seiner schieren Größe (Länge 128m) mehrere Tauchgänge, um es wirklich zu erkunden. Unser Abstieg erfolgte am Bug, und schon ein Tauchgang bis zum Heck und zurück zehrt den Nullzeitvorrat komplett auf, so dass man spätestens am Beginn des Aufstieges in die Deco kommt. Dies stellte allerdings dank der mitgeführten EAN50-Decogas kein Problem dar.


     2. Tauchgang Ålesund Wrack „Iris“


Auch das Wrack der Iris liegt im Hafenbereich von Ålesund und ist schnell zu erreichen. Erneut wurde der Hafenmeister per Funk über unseren Tauchgang informiert. Ob die dann im Hafen einlaufenden riesigen Kreuzfahrt- oder Hurtigrutenschiffe wirklich unsere gesetzte Boje beachteten entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.


Im Gegensatz zum Tauchgang an der „Konsul Visser“ liegt die „Iris“ in einer Tiefe von nur 20-32m auf Ihrer Steuerbordseite. Die Sicht war schlechter als beim vorherigen Tauchgang, trotzdem waren die Details des Schiffes jederzeit deutlich auszumachen. Das 94m lange Dampfschiff Iris wurde am 1945 im Hafen von Ålesund vor Anker liegend von britischen Flugzeugen bombardiert und versenkt.


Die Rückfahrt vom Wrack dauerte nur etwa 10min, denn der Skipper unseres RIBs kam auf die Idee, das Boot doch einfach einmal voll zu beschleunigen. Das wir dabei - noch immer kalt vom langen Tauchgang – auf dem Bootsrand in voller Ausrüstung Probleme mit einfrierenden Gesichtern und Equipment bekommen würden berührte ihn offensichtlich weniger (zwinker).



Die Tage vergingen schnell. Wir kämpften jeden Morgen mit ca. 10-15cm Neuschnee. Der Bau der Trockenhütte schritt voran.


  1. Tauchgang Hundeeiduika Wrack Krasnoselsk


Der 53m lange russische Trawler "Krasnoselsk" ist während eines Hurrikans 2011 an einem Kai in Hundeidvik auf eine Tiefe von 22m direkt vor dem Kai gesunken. Da er den Schiffsanleger komplett blockierte, wurde die „Krasnoselsk“ im Oktober 2017 in einer aufwendigen Aktion angehoben, gedreht und etwas geschleppt.

Der Tauchgang begann nach ca. 1,5stündigen Anfahrt (incl. Fjordfähre) mit Einholung der Tauchgangserlaubnis beim privaten norwegischen Eigentümer der Kaianlage. Wir durften unsere Autos direkt am Pier parken, machten uns fertig und schwammen die ca. 150m an der Oberfläche zur Abstiegsboje der „Krasnoselsk“.

Schon beim Abtauchen ist das Wrack gut zu erkennen. Die „Krasnoselsk“ liegt auf der Backbordseite. Das Schiff wurde jedoch während des Schleppens offenbar über Grund gezogen und wechselte scheinbar mehrmals die Position. So herrscht auf und im Wrack das Chaos: Elektrokabel hängen wild in allen Gängen, an der Reling hängen große Sauerstoffflaschen kopfüber, die komplette Einrichtung und das Equipment ist in den Schiffsräumen verteilt und zusätzlich finden sich überall Spuren der ehemaligen Ladung: Fischtran. Die „Krasnoselsk“ ist ein intaktes und relativ neues Wrack. Den Weg zurück vom Wrack fanden wir übrigens durch eine Mischung von Kompasskurs und dem Folgen der Schleifspur der „Krasnoselsk“ am Fjordgrund…

Auch wenn es sich nicht um ein Weltkriegswrack handelt, macht die Geschichte um Ihren Untergang und die versuchte Bergung das Tauchen an der „Krasnoselsk“ zweifelsohne spannend. Am nahezu unversehrten Wrack sind viele Details Ihrer ehemaligen Nutzung und auch der versuchten Bergung nachzuvollziehen. An und um Ihr ist viel Bewuchs + Fisch zu finden.



Den Nachmittag verbrachten wir in und um Ålesund.

Ålesund ist eine wunderschön auf drei Inseln gelegene norwegische Stadt mit 47000 Einwohnern. Mit Ihrer Jugendstil-Architektur im alten Ortskern wurde sie bereits mehrfach zur schönsten Stadt Norwegens gewählt und wird sogar das „Venedig Norwegens“ genannt.

Wir schlenderten durch die wunderschöne Innenstadt, erfreuten uns an und auf den beheizten(!) Parkbänken und überquerten die Kanäle zwischen den einzelnen Inseln. Den Abschluss bildete der Aufstieg zur „Aksla“ mit dem 130m hohen Aussichtspunkt „Fjellstua“, die einen traumhaften Blick über die Stadt, den Inseln und das Meer bietet.



  1. Tauchgang Festøy

Der Tauchgang findet auf einen Tipp einheimischer Taucher hin im „Nirwana“ statt: Kurz nach dem verlassen der Fjordfähre in Festøy parkten wir in einer kleinen Parkbucht und machten uns tauchfertig. Tauchmöglichkeiten wie diese gibt es im Norwegen übrigens zu tausenden.

Nach einem flachen Einstieg über große Kieselsteine fällt der Tauchplatz immer sandiger und steiler auf unbekannte dreistellige Tiefen ab. Wir teilten uns – je nach vorhandenem Rückengas in Teams auf. Wir tauchten ab und erreichten Tiefen von bis zu 65m, ohne unsere Lampen benutzen zu müssen. Um den auslaufenden Fjordfähren nicht zu nahe zu kommen, durfte sicherheitshalber niemand zu weit nach rechts kommen.

Das Highlight des Tauchspots ist jedoch die Decophase: Während man diese bei den Wracktauchgängen bibbernd an der Aufstiegsleine verbringen muss und deutlich die Kälte des nur 2 Grad kalten Wassers spürt, verbrachten wir unsere Deco am Spot „Festøy“ mit dem Einsammeln überdurchschnittlich großer Jakobsmuscheln. Dies ist in Norwegen für den Eigenbedarf ausdrücklich erlaubt.

Die ca. 20 eingesammelten Exemplare wurden von uns am Abend zubereitet und gemütlich in unserer norwegischen Hütte verspeist. Klasse!


Mittlerweile war der Bau der Trockenhütte abgeschlossen und unser letzter Tauchgang stand an:


  1. Tauchgang Grotsholmen

Der Tauchgang findet am Vatnefjord statt. Er führt im Uhrzeigersinn um eine kleine Insel herum, die nur bei Hochwasser entsteht. Das der Wasserstand am Spot überraschend stark schwankt merkten wir übrigens daran, dass unsere am Ufer abgelegten Stages bereits im Wasser verschwunden waren, als wir endlich vollausgerüstet vom ca. 100m entfernten Parkplatz kommend unseren Tauchgang beginnen wollten.


Der Tauchgang beginnt flach abfallend mit der Schulter rechts an der Inselfelswand und führt bis auf ca. 40m. Auf ca. 28m kommt man einem versunkenen Ruderboot vorbei während der Tauchgang an der teilweise überhängenden Steilwand entlangführt. Nach ca. 40 Minuten hatten wir die Insel umrundet und beendeten den Tauchgang.

Er stellte einen schönen und entspannenden Abschlusstauchgang unserer Reise dar, denn am nächsten Tag mussten wir die Rückreise antreten. Auch hier war uns klar: Wir kommen wieder!